Der Schmetterling

Buch: Gedichte - Zweites Buch
Sammlung: Gestalten

Es irrt durch schwanke Wasserhügel
Im weiten, windbewegten Meer
Ein Schmetterling mit mattem Flügel
Und todesängstlich hin und her.

Ihn trieb's vom trauten Blumenstrande
Zur Meeresfremde fern hinaus;
Vom scherzend holden Frühlingstande
In's ernste, kalte Flutgebraus.

Auf glattgestreckte, sanfte Wogen
Hatt' ihm das Meergras trügerisch
Viel schön're Wiesen hingelogen,
Wie westgeschaukelt, blumenfrisch.

Ihm war am Strand das leise Flüstern
Von West und Blüthe nicht genug,
Es trieb hinaus ihn, wählig lüstern,
Zu wagen einen weitern Flug.

Kaum aber war vom Strand geflogen
Des Frühlings ungeduld'ges Kind,
Kam sausend hinter ihm gezogen
Und riß ihn fort der böse Wind:

Stets weiter fort von seines Lebens
Zu früh Verlornem Heimathglück:
Der schwache Flattrer ringt vergebens
Nach dem verschmähten Strand zurück.

Von ihrem Schiffe Wandersleute
Mit Webmuthsvollem Lächeln sehn
Die zierlich leichte Wellenbeute, .
Den armen Schmetterling vergehn.

280 fehlt

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