Johannes Ziska - Bilder aus dem Hussitenkriege VI

Buch: Größere lyrisch-epische Dichtungen
Sammlung: Ziska

Ragend steht der blinde Führer
Ziska dort auf seinem Wagen,
Mit der Donnerstimme herrschend,
Wie die heiße Schlacht zu schlagen.

Steht ein Hauptmann ihm zur Linken,
Und ein andrer ihm zur Rechten,
Schildern ihm den Ort getreulich,
Wo es gilt, den Kampf zu fechten.

Lager, Zahl und Zug der Feinde
Melden sie, daß er befehle;
Alles schaut er klar im Strahle
Seiner lichten Feldherrnseele.

In den Tagen, eh' der Pfeilschuß
Ihm geraubt das Augenlicht,
Blickt' er scharf dem Vaterlande
In's geliebte Angesicht:

All' die Wälder, Ström' und Buchten,
Thalgewind' und Bergesrücken
Eilt' er damals dem Gedächtniß
Unauslöschlich einzudrücken.

Und der Genius der Rache
Weiß im Finstern zu erspähen
Jedes Grundstück, wo am besten
Feindesleichen hinzusäen.

Dunkelt auch um Ziska's Körper
Tiefe, schimmerlose Nacht,
Gängelt er doch mit dem Geiste
Leicht sein wildes Kind, die Schlacht.

Hüben lenkt die Nacht des Leibes,
Drüben Geistesnacht die Krieger;
Noch in keiner Schlacht bezwungen,
Bleibt auch heute Ziska Sieger.

Ha! wie lauscht dem Kampf der Blinde!
Er erkennt im Sturm der Luft
Jede Waffe an der Stimme,
Wie herbei den Tod sie ruft.

Wild harmonisch seinem Ohre
Rauscht das Ringen zweier Heere,
Waffen, Schlachtruf, Ziska's Leiblied,
Und im Hinsturz Mann und Mähre.

Freudig hört er, wie die Knechte
Sigismunds hinüberfahren,
All die sächsischen Geschwader
Sammt den ungrischen Hußaren.

Und dem wilden, blinden Ziska
Geht im Heldenrausch der Ohren
Doch die klare Feldherrnruhe
Seines Geistes nie verloren.

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