An einen Jugendfreund

Buch: Gedichte - Erstes Buch
Sammlung: Erinnerung

Des Lebens holder Zauber ging vorüber,
Ich klage, daß die Jugend mir verloren;
Doch Eines macht mir noch die Klage trüber:
Die Treue brach, die du mir einst geschworen.
Nicht meint' ich, daß vor uns das theure Erbe
Verblichner Jugend - ihre Freundschaft sterbe.

Du eiltest im Vergessen! ungeduldig
Warfst du dem Tod aus deiner Brust entgegen,
Was du nur allzubald dem herben schuldig,
Wenn's einmal aus ist mit des Herzens Schlägen.
Nicht wolltest du die Treu' im Busen halten
Bis an der Gruft gebieterisch Erkalten.

Wenn du tief schlummerst unter deinem Hügel,
Nichts mehr erfährst vom holden Lenzerwachen,
Wie laue Winde dann mit leichtem Flügel,
Die Nosenglut am Strauch lebendig fachen,
Wie süß dann singen in den grünen Hallen
Von Rosenduft berauschte Nachtigallen:

Dann wäre früh genug der Freund vergessen,
Den du geliebt in deinen Jugendtagen,
Deß volles Herz gleich glühend, unermessen,
Dem Jugendideal und dir geschlagen.
Er hielt den Traum umarmet und dein Lieben,
Und Beides sah er mährchenhaft zerstieben.

Gleichwie Nachtlüfte weh'n in Blüthenhagen,
Wehmüthig säuseln, doch kein Blatt entführen:
Wie Nachtigallen durch Gebüsche klagen,
Doch keine Rose je zu Tode rühren:
So sollte dieses Lied mit seinem Trauern
Durch deine reiche Freudenblüthe schauern.

Jedoch umsonst, daß ich dem Lied geböte,
Es will nicht ahnen leiser Düfte Zittern
Und nicht im Hain das klagende Geflöte;
Sein rauher Klang will deine Freude schüttern.
Hat doch der Frost, der mir von dir gekommen,
Von meinem Herbstgrün auch viel fortgenommen.

Das muß die sanften Klagetöne schärfen,
Seh' ich den Freund, mir einst vor allen theuer,
Mein Herz in frohem Uebermuth verwerfen;
Und zünden muß des Stolzes zürnend Feuer.
Dieß Herz war oft von Gottes Flammen helle,
Nicht der Verwerfung Staub ist seine Stelle.

Ich kann es meiner Klage nicht verwehren,
Daß sie dich führe längst verlass'ne Pfade,
Und daß sie dich, vielleicht auch deine Zähren,
Zu einem trüben Abschiedsfeste lade;
Denn unsre Freundschaft will ich nun bestatten
Auf ewig in der Wehmuth tiefern Schatten.

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